Wie KPIs den Kulturwandel unterstützen

Kennzahlen und Key Performance Indicators sind nicht nur ein unverzichtbares Mittel zur Unternehmensführung, sondern auch ein wichtiges Werkzeug, um den kulturellen Wandel im Unternehmen und vor allem in der Produktion voranzutreiben und nachhaltig umzusetzen. Dieser Überzeugung haben wir auch in unserer Namensgebung Rechnung getragen. In diesem Artikel erklären wir, wie und warum KPI die Kulturentwicklung in der Produktion beeinflussen.

Gründe für den Wandel

Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, insbesondere aber die Effektivität und Effizienz der Produktion, hängt wesentlich von der Kultur ab. Denn sie entscheidet darüber, wie die Produktion organisiert ist, wie auf unvorhergesehene Ereignisse reagiert wird, wie Zielkonflikte aufgelöst werden und wonach der Erfolg oder Misserfolg von Projekten und Maßnahmen bewertet wird.

Wenn sich die Umweltbedingungen eines Unternehmens ändern, so muss sich die Unternehmenskultur an die neuen Bedingungen anpassen. Heute ändern sich die Umweltbedingungen schneller denn je - es gibt neue Konkurrenz, neue Wertschöpfungsmodelle und ein neues Umweltbewusstsein. Die Digitalisierung und Industrie 4.0 ist für die Produktion die gravierendste Änderung der Umweltbedingungen.

Die Digitalisierung erfordert von Unternehmen, die Kultur innerhalb ihrer Produktionslinien an die neuen Erfordernisse der Prozessorientierung, Flexibilität und Transparenz anzupassen. Denn nur so können sie von der Digitalisierung profitieren und sie für die Erhöhung der Nachhaltigkeit und Effizienz einsetzen. In diesem Beitrag haben wir beschrieben, welche Eigenschaften die Digital Industrial Engineering Culture hat.

Wie sich die Kultur wandelt

Die Produktion kann man nicht als starres, theoretisches System sehen. Einerseits ist sie viel zu komplex und hat viele interne und externe Abhängigkeiten. Anderseits - und das ist der viel wichtigere Grund - sind es die Menschen, die Mitarbeiter:innen und Manager:innen, die die Werkshallen mit Leben füllen, sie steuern und sie verbessern. Wie und welche Entscheidungen von den Menschen an den einzelnen Arbeitsplätzen, im Shop Floor Management, in den regelmäßigen Terminen und in außergewöhnlichen Situationen getroffen werden, ist die entscheidende Ausprägung der Unternehmenskultur. Dies wird an einem Beispiel deutlich:

Eine leicht zu beobachtende Auswirkung der Unternehmenskultur ist die allgemeine Sauberkeit und Ordnung innerhalb der Produktionshallen. Entscheidungen auf allen Hierarchieebenen in der Produktion haben Einfluss auf diese. Mitarbeiter:innen an den einzelnen Arbeitsplätzen entscheiden bei jeder Wartezeit, ob sie diese zum Aufräumen nutzen. Bei jedem durchgeführten Prozess treffen sie die Entscheidung, die genutzten Arbeitsmittel wieder an ihren Platz zurückzuräumen oder nicht. Die Vorarbeiter:innen und Meister beeinflussen diese Entscheidungen durch ihre Anweisungen. Auch sie treffen jeden Tag Entscheidungen, inwieweit Sauberkeit und Ordnung im Arbeitsalltag umgesetzt und belohnt wird. Die Entscheidungen des Managements stecken dann den organisatorischen Rahmen. Wenn sie keine ausreichenden zeitliche Ressourcen für das Reinigen einräumen oder dieses nicht als Arbeitsleistung anerkennen, wird dies den Stellenwert der Ordnung und Sauberkeit im gesamten Produktionssystem sehr schnell untergraben.

An diesem Beispiel erkennt man sehr deutlich, dass die Kultur eigentlich die Gesamtheit der bewussten und unbewussten Entscheidungen innerhalb der Produktion ist. Kultureller Wandel ist also eine Veränderung der Art, wie Entscheidungen getroffen werden, nach welchen Kriterien Alternativen bewertet werden und welches Verhalten belohnt bzw. bestraft wird.

Was unsere Entscheidungen beeinflusst

Wir steigen an dieser Stelle nicht tief in die Entscheidungspsychologie ein. Aber wir werfen einen kurzen Blick darauf, welchen unterschiedlichen Einflüssen menschliche Entscheidungen unterliegen.

Menschliche Entscheidungen werden aus einem bewussten oder unbewussten Vergleich der Ist-Situation mit der Soll-Situation ausgelöst. Ergibt dieser Vergleich eine Diskrepanz, so werden unterschiedliche Handlungsalternativen gebildet. Um bei dem Beispiel der Ordnung und Sauberkeit von oben zu bleiben: Wenn der Arbeitsplatz unaufgeräumt ist, und dieser aufgeräumt sein sollte, können einige Alternativen daraus abgeleitet werden: Den Arbeitsplatz gründlich aufzuräumen, den Arbeitsplatz mit minimalem Aufwand aufzuräumen, eine andere Person mit dem Aufräumen zu beauftragen oder den unaufgeräumten Arbeitsplatz der Folgeschicht zu überlassen.

Die Entscheidung ist nun die Auswahl der besten Handlungsalternative. Es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Theorien, mit denen diese Auswahl erklärt werden soll. Grundsätzlich kann folgende Einflussfaktoren aus diesen Theorien ableiten:

  • Langfristige Ziele: Gerade bei bewussten Entscheidungen, aber auch bei unbewussten, sind die langfristigen persönlichen Ziele des Menschen ein wichtiger Einflussfaktor. Wenn die Mitarbeiter:in beispielsweise das Ziel hat, befördert zu werden und Ordnung und Sauberkeit ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitsbeurteilung ist, führt dies eher zu einer Entscheidung für das Aufräumen.
  • Emotionen: Emotionen sind kurzfristige, sehr starke psychische Zustände von Personen. Wenn sich die Mitarbeiter:in beispielsweise gerade über ihren Arbeitsplatz ärgert, zum Beispiel weil jemand anderer befördert wurde, wird die Entscheidung aufzuräumen wahrscheinlich anders ausfallen als in einer freudigen Emotion.
  • Werte: Die Werte spiegeln im Gegensatz zu den Emotionen langfristig stabile psychische Zustände wider. Sie sind eher ein Ansatz zur Erklärung von unterschiedliche Entscheidungstendenzen durch unterschiedliche Personen. Eine Person, deren Werte sich unter dem Sprichwort "Ordnung ist das halbe Leben'' zusammenfassen lassen werden eher aufräumen als Personen mit der Einstellung "Das Genie beherrscht das Chaos''.
  • Wissen: Das Wissen ist ebenfalls ein wesentlicher Einfluss auf Entscheidungen. An dieser Stelle setzen viele Konzepte des Produktionsmanagements an. Es ist bekannt, dass durch einen ordentlichen und sauberen Arbeitsplatz die Fehlerrate reduziert wird, weniger Zeit mit Suchen verschwendet wird und die allgemeine Arbeitszufriedenheit höher ist. Personen, die dieses Wissen haben, entscheiden sich eher zum Aufräumen als Personen, die die Auswirkungen nicht kennen.
  • Erfahrungen: Jede Entscheidung, die wir treffen, hat Auswirkungen. Wir haben in unserem bisherigen Leben bereits eine Menge Entscheidungen getroffen. Daher haben wir bereits eine Fülle an Auswirkungen erlebt und daraus gelernt, welche Auswirkungen die konkrete Entscheidung wahrscheinlich haben wird. Diese Erfahrung lassen wir in die Bewertung der Handlungsalternativen einfließen. Wenn es zum Beispiel bisher keine Reaktion auf den ordentlichen und sauberen Arbeitsplatz gab wird die Entscheidung wahrscheinliche anders ausfallen, als wenn die Mitarbeiter:innen häufig dafür gelobt wurden.
  • Soziale Erwartung: Der Mensch ist ein soziales Wesen und die Produktion ist neben dem technischen System auch ein soziales System. Daher haben auch die sozialen Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung. So könnten unterschiedliche Entscheidungen fallen, je nachdem ob es eine große Konkurrenz oder eher ein Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Schichten gibt.

Wenn die Entscheidung getroffen wurde - in diesem Fall idealerweise, dafür den Arbeitsplatz gründlich aufzuräumen - beginnt die Umsetzung der Handlung. Nach dem Abschluss der Handlung wird diese dann bewertet. Die Bewertung beeinflusst die einzelnen Faktoren wieder. Insbesondere wird beurteilt, ob der Soll-Zustand jetzt hergestellt wurde oder ob die Ist-Situation immer noch vom Soll abweicht und weitere Handlungen ergriffen werden müssen. Doch auch die Erfahrung, das Wissen und die soziale Erwartung wird durch die Bewertung der Handlung und deren Auswirkung beeinflusst.

Wie Kennzahlen die Entscheidungen beeinflussen

Wir haben uns in diesem Artikel eingehend mit den Funktionen von Kennzahlen und KPI in der Produktion auseinandergesetzt. Dabei haben wir dies zentralen Funktionen herausgearbeitet:

  • Operationalisierungsfunktion
  • Vorgabefunktion
  • Anregungsfunktion
  • Steuerungsfunktion
  • Kontrollfunktion

All diese Funktionen haben gemeinsam, dass sie darauf abzielen, die Entscheidungen zu beeinflussen. Die Operationalisierungsfunktion dient dazu, Entscheidungen an Zielsetzungen auszurichten und für Dritte nachvollziehbarer zu machen. Durch die Vorgabefunktion werden die übergeordneten und strategischen Schwerpunkte des Unternehmens und der Produktion als langfristige Ziele in den Entscheidungsprozess einbezogen. KPIs fungieren durch ihre Anregungsfunktion als Auslöser von unternehmerischen Entscheidungsprozessen. Alltagsentscheidungen, beispielsweise in der kurzfristigen Personalplanung werden durch die Steuerungsfunktion von Kennzahlen beeinflusst und die nachträgliche Bewertung von getroffenen Entscheidungen wird durch die Kontrollfunktion bereitgestellt.

Mit dieser Sichtweise auf KPIs muss man sich von der Vorstellung trennen, dass KPIs nur Kennzahlen sind und das nur durch die Wahl der richtigen KPIs die Wettbewerbsposition, die Effizienz oder die Nachhaltigkeit in der Produktion automatisch gesteigert werden. Viel mehr sind die KPIs das wesentliche Werkzeug, um die Aufmerksamkeit innerhalb des Produktionssystems zu steuern, Diskussionen auszulösen, Schwachstellen zu finden, Prozesse zu verbessern, Projekte aufzusetzen und Maßnahmen zu beschließen. Aus diesen Aktivitäten und der Kommunikation entsteht der kulturelle Wandel, der für die nachhaltige Verbesserung der Produktion sorgt.

Zusammenfassung

In diesem Beitrag haben wir gezeigt, warum wir Kennzahlen und Key Performance Indicators (KPIs) als wesentliches Werkzeug zur Erreichung des kulturellen Wandels sehen. Sie sind Treiber für einen Wandel der Entscheidungsfindung und der Kommunikation innerhalb des Produktionssystems. Damit wirken sie auf eine langfristige Änderung der Unternehmenskultur hin.

Wenn Sie Unterstützung beim kulturellen Wandel in Ihrem Unternehmen benötigen, kontaktieren Sie uns gerne.