Die drei Ebenen von KPIs im Produktionsmanagement

Im Produktionsmanagement werden KPIs in vielfacher Form verwendet. Ob im Shop Floor Management, im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), bei der Planung und Wirksamkeitskontrolle von Projekten oder bei der Bewertung von Investitionsalternativen. In diesem Beitrag zeigen wir, nach welchen Ebenen man die Kennzahlen einteilen sollte, welche Zielsetzungen damit verfolgt werden und welche Adressaten und Verantwortlichkeiten dadurch entstehen.

Managementprozesse in der Produktion

Das Produktionsmanagement initiiert, koordiniert, überwacht und verbessert die Produktionsprozesse. Key Performance Indikatoren (KPI) und Kennzahlen sind nötig, um diese Managementprozesse zu ermöglichen und zu unterstützen. Daher müssen die KPIs auf die jeweiligen Bedürfnisse der Managementebenen angepasst sein und wir werfen zunächst einen Blick auf die Managementprozesse, die wir in der Produktion finden.

Managementprozesse bestehen im Allgemeinen aus vier Schritten:

  1. Zieldefinition
  2. Analyse des Ist-Zustands
  3. Definition der Maßnahmen
  4. Überprüfung der Zielerreichung

Im Produktionsmanagement wird werden diese Schritte häufig mit dem PDCA-Zyklus beschrieben. Diese Struktur findet sich auch in den Managementsystem-Normen (z.B. Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9001, DIN EN 9100, Arbeitssicherheitsmanagement nach DIN EN ISO 45001, Umweltmanagement nach DIN EN ISO 14001 oder Energiemanagement nach DIN EN ISO 50001) wieder.

Über die Hierarchiestufen der Fertigung hinweg, wird dieser Managementprozess immer wieder - ob bewusst oder unbewusst - ausgeführt. Der Unterschied zwischen den unterschiedlichen Ebenen des Managementprozesses liegt darin, welcher Zeithorizont und welcher Detaillierungsgrad den Entscheidungen zugrunde liegt.

Ist der Zeithorizont langfristig (ca. ein Jahr), so spricht man vom strategischen Management. Auf dieser Ebenen werden unter anderem Entscheidungen über Investitionen in Anlagen, den langfristigen Personalbedarf und das grundsätzliche Produktionskonzept getroffen. Entscheidungen auf der strategischen Ebene werden typischerweise im oberen Management, zum Beispiel zwischen Geschäftsführung und Werksleitung, getroffen. Die Werksleitung hat dann die Umsetzung und die Erreichung der vereinbarten Ziele zu verantworten.

Darunter, auf der operativen Ebene, werden die Ziele zwischen Werksleitung und den Verantwortlichen der einzelnen Produktionseinheiten, -linien bzw. -abteilungen vereinbart. Sie zielen darauf ab, einerseits die Strategie umzusetzen und andererseits die Fertigung in Gang zu halten und kontinuierlich zu verbessern. Der Zeithorizont des operativen Managements liegt im Bereich von Wochen oder wenigen Monaten.

Mit den Zielsetzungen aus dem Operativen Managementprozess wird der Produktionsprozess gesteuert. Auf der Prozessebene ist es das Ziel, die Anforderungen an das Produkt und dessen Fertigung umzusetzen. Dies muss bei jedem einzelnen Arbeitsschritt geschehen. Hier ist der Zeithorizont also sehr kurzfristig, je nach Produkt zwischen einigen Sekunden bis zu wenigen Tagen. Im Allgemeinen wird der Soll-Zustand hier in Form von Arbeitsanweisungen, Prozessbeschreibungen oder Arbeitspapieren definiert und wird durch direkte Produktionsverantwortliche (z.B. Vorarbeiter:innen, Meister:innen) verantwortet.

Key Performance Indikatoren für die Managementebenen

Wir haben gesehen, dass die Vereinbarung von Zielen und die Überprüfung der Ziele wesentliche Bestandteile des Managementprozess sind. Key Performance Indikatoren sind ein wichtiges Werkzeug, um diese beiden Aufgaben zu unterstützen. Daher müssen die KPIs auf die Ansprüche aller drei Ebenen des Produktionsmanagements angepasst sein.

Auf der strategischen Ebene müssen die KPIs die langfristigen, strategischen Ziele des Produktionssystems angemessen abbilden. Sie sollten im monatlichen Rhythmus ausgewertet und überprüft werden, um rechtzeitig auf die Entwicklungen reagieren zu können. Beispielhafte KPIs sind hier die Ausbringung der Fabrik, Ausfallzeiten je 1Mio. verfahrener Arbeitsstunden, die Durchlaufzeit, die Lieferperformance und die Kostenstruktur.

Für das Operative Management müssen die KPIs bereits etwas näher am tatsächlichen Produktionsprozess sein. Sie sollten im monatlichen und wöchentlichen Rhythmus ausgewertet und analysiert werden, damit im Falle von Abweichungen schnell und angemessen reagiert werden kann. Typische KPIs auf operativer Ebenen sind der OEE, Liegezeiten und Reichweiten, unsichere Zustände, Qualitätskennzahlen und die Lieferperformance gegenüber interner Kunden.

Auf der Prozessebene werden die einzelnen Aktivitäten der Produktion gemessen, die für die aktuelle Zielsetzung unverzichtbar sind. Durch die Regelmäßige Auseinandersetzung mit dem aktuellen Stand, können Abweichungen und Abhängigkeiten identifiziert werden und es wird möglich Schwankungen im Produktionssystem zu reduzieren, die Prozesse zu standardisieren und schnell Maßnahmen zur Erreichung des Zielzustands abzuleiten. Typische KPIs sind hier Zeitdauern je Vorgang oder Prozessabweichungen je Tag/Schicht. In welchem Rhythmus sie erfasst und ausgewertet und bearbeitet werden, hängt im Hohen Maße von der Produktionsstruktur ab. So ist es bei einer Serienfertigung mit mehreren Hundert oder Tausend Teilen pro Schicht und ausreichender Kapazität für Verbesserungsmaßnahmen sinnvoll, dies täglich durchzuführen, während die KPIs bei einer Taktzeit von mehreren Stunden oder Tagen eher einmal oder zweimal pro Woche genutzt werden.

Die KPIs auf allen Ebenen müssen auf die jeweilige Situation im Unternehmen angepasst sein und regelmäßig auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden. Wenn es zu viele KPIs gibt und die Zielsetzungen dahinter nicht mehr verfolgt werden, so ist bereits die Auswertung verschwendete Zeit und es kann schnell dazu kommen, dass die Verbindlichkeit der Zielsetzung leidet. Hier erfahren Sie mehr über die Anforderungen an KPIs.

Das Zusammenspiel der Ebenen anhand eines Beispiels

An einem Beispiel wollen wir den Zusammenhang zwischen den Ebenen und den KPIs, die auf diesen Ebenen genutzt werden sollten, noch einmal verdeutlichen.

Die strategische Zielsetzung

Im jährlichen Strategie-Workshop wurde identifiziert, dass für die Zukunft mit einer um 12% höheren Nachfrage gerechnet wird. Diese Nachfrage muss durch die Produktion ohne zusätzliche Investitionen in Anlagen befriedigt werden, da die aktuellen Umwelt- und Marktbedingungen sehr unsicher sind. Zudem kann der zusätzliche Bedarf aufgrund des Fachkräftemangels nicht durch zusätzliche Arbeitszeiten gedeckt werden.

Im Vergleich mit Wettbewerbern hat sich aber herausgestellt, dass die Maschinen und Arbeitsplätze besser ausgelastet werden könnten. So werden erste Ansatzpunkte herausgearbeitet, wie die Anforderungen umgesetzt werden könnten und Geschäftsführung und Werksleitung vereinbaren gemeinsam das Ziel, die Ausbringung bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahres, um die benötigten 12% von 10000 auf 11200 Teile pro Monat zu erhöhen. Die Ausbringung je Monat wird dadurch zur strategischen KPI, mit der die Leistung der gesamten Produktion gemessen wird. Der KPI wird monatlich ausgewertet, um den aktuellen Fortschritt überwachen zu können.

Überführung der Strategie in operative Zielsetzungen

Um die Zielvereinbarung zu erreichen, initiiert die Werksleitung ein Projekt, das außerhalb des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) das Produktionssystem optimieren soll. Das Projektteam analysiert zunächst den Materialfluss und findet dadurch die Engpassaggregate.

An den Engpässen wird der OEE (Overall Equipment Effectiveness, Gesamtanlageneffizienz) aufgenommen. Der OEE ist ein Maß dafür, welcher Anteil der beplanten Zeit eine Anlage für wertschöpfende Arbeit genutzt wird. Unter der Voraussetzung, dass die vor- und nachgelagerten Produktionsprozesse ausreichend Kapazität haben, steigt die Ausbringung des gesamten Produktionssystems entsprechend der Erhöhung des OEE. Daher wird zwischen der Werksleitung und der Betriebsleitung, die den Engpass betreibt, der OEE als operative KPI festgelegt. Um den aktuellen Stand regelmäßig überwachen zu können und gegebenenfalls nachsteuern zu können, wird dieser sowohl wöchentlich also auch monatlich ausgewertet.

Die Zielsetzung wird hier in kleinere Zeitabschnitte und das langfristige Ziel einer Erhöhung um 12 Prozentpunkte in erreichbare Schritte unterteilt. Die Werksleitung sichert dem Anlagenbetreiber Unterstützung durch das Projektteam zu und diese sollen in den ersten sechs Monaten des Jahres Maßnahmen erarbeiten und umsetzen, die eine Erhöhung des OEE um 6 Prozentpunkte ermöglicht und in den anschließenden 6 Monaten soll sich der OEE jeden Monat durch den KVP um einen weiteren Prozentpunkt steigern.

Ableitung und Messung der konkreten Umsetzung auf Prozessebene

Das Projektteam analysiert die Zeitanteile am Engpass und findet heraus, dass unter anderem die Rüstzeiten einen hohen Zeitanteil ausmachen. Daher führen Sie einen Rüstzeit-Workshop durch. Sie können einige Verbesserungen erreichen, standardisieren den Rüstvorgang und reduzieren die benötigte Zeit pro Rüstvorgang von 70 Minuten auf 30 Minuten.

Zeit in Minuten pro Rüstvorgang wird ein neuer KPI auf der operativen Ebenen. Bei jedem Rüstvorgang wird nun die Zeit aufgenommen. Im Shop-Floor-Management werden die aufgenommen Zeiten analysiert und bei Abweichungen entsprechende Maßnahmen abgeleitet. Die Zielsetzung für der KPI ist zunächst 30 Minuten pro Rüstvorgang mit einer fortlaufenden Verbesserung um 5% je Monat im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Anhand dieses Beispiels erkennt man, wie die KPIs auf den unterschiedlichen Ebenen ineinandergreifen. Das langfristige Ziel, den zukünftigen Bedarf zu decken, wird auf messbare Ziele für einzelne Prozesse heruntergebrochen. Dadurch kann die Leistung auf allen Ebenen erfasst und angemessen darauf reagiert werden. Zudem kann der Beitrag von alle Mitarbeiter:innen zu den langfristigen Zielen des Unternehmens aufgezeigt und kommuniziert werden.

Zusammenfassung

Die Ebenen von KPIs unterscheiden sich in ihrem Zeitbezug und in ihrer Genauigkeit bzw. ihrem Aggregationsgrad. In der Produktion sollten Kennzahlen auf drei Ebenen erhoben, kommuniziert und überwacht werden. Diese Ebenen orientieren sich an den Managementprozessen. Die KPIs auf der strategischen Ebene sind langfristig und aggregiert und auf die Unternehmensstrategie abgestimmt. Auf der operativen Ebene werden wird die Leistung und der Beitrag zur Strategieumsetzung von Produktionsbereichen und -prozessen gemessen und bewertet. Die Erfüllung der Anforderungen an einen einzelnen Arbeitsprozess werden durch die KPIs auf der Prozessebene erfasst.

Hier lesen Sie, warum KPIs in der Digitalisierung und in der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur eine wesentliche Rolle spielen.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Auswahl der richtigen KPIs für ihre Produktion, bei der Datenerfassung und Auswertung und bei der Etablierung einer Unternehmenskultur, die langfristige Wettbewerbsvorteile durch die Digitalisierung von Produktionsprozessen ermöglicht. Kontaktieren Sie uns gerne und vereinbaren Sie einen Termin für eine kostenlose und unverbindliche Erstberatung.